/&/3)/3ö/8d/is>f's>/S)/£) Einleitung. /D/D/D/D/D/D/Z2 V
politischen circulus vitiosus (S. 15) und seiner Überwindung.
Indem der (österreichische) Autor am Schluß seiner Erörterung
auch auf die hinter allen politischen liegende große Frage der
kulturellen Vertiefung zu sprechen kommt, erhebt er sich und
seinen Leser aus den höheren Standpunkt, der bei aller po-
litischen Erörterung nur auf Augenblicke, niemals aber ganz
verlassen werden sollte. Ruedorffers Aufsatz ist gedanklich
und stilistisch ein Meisterstück, dessen Lesung hoffentlich den
Wunsch nach dem ganzen Buche wachruft; dieses Buch ist
zwar eine ernste und nicht leichte Lektüre, liegt aber durchaus
in dem Derständniskreise der Leser, für die unsere Sammlung
bestimmt ist.
Ich habe es für richtig gehalten, zu diesen Fragen auch
zwei Ausländer sprechen zu lassen: Kjellen, und, wie ich
hier vorausgreifend bemerke, Steffen, beides Schweden, beides
Verfasser von Büchern, deren Objektivität in demselben Matze
gerühmt werden muß, wie der aus ihnen hervorleuchtende
Weitblick. Kjellens Buch: „Die Großmächte der Gegen-
wart" ist 1914, einige Monate vor dem Kriege, erschienen und
verdient auch wegen der übrigen Teile jede Empfehlung an
unsere Leser. Ich habe selbstverständlich den Abschnitt über
Deutschland gewählt und aus diesem nicht die mehr deskriptiven,
sondern die historisch gerichteten Abschnitte, die so recht die
Prophetenberechtigung des wissenschaftlichen Forschers erweisen.
Gustav Steffens Buch: „Krieg und Kultur" ist im Kriege
erschienen,- der aus ihm entnommene Abschnitt beschäftigt sich
mit dem Imperialismus Deutschlands, indem er unsere Ge-
schichte unter diesem Gesichtspunkt bis auf Karl den Großen
zurückverfolgt und zugleich die starken Einwirkungen der geo-
graphischen Lage auf die weltpolitische Geltung und Hand-
lungsfähigkeit Deutschlands schildert; er geht auch, unter Bei-
bringung wertvollen statistischen Materials aus anderen Län-
dern, auf die Prüfung des viel genannten und viel miß-
brauchten Begriffs des „Militarismus" ein. Beide Schweden
find Freunde Deutschlands, aber nicht aus vorgefaßter Sym-
pathie, sondern unter dem Zwange ehrlich und vorurteilslos
geübter Wissenschaft.
In dieser Sammlung durften sodann einige Abschnitte
aus des Fürsten von Bülow Aufsatz aus dem großen
Sammelwerke „Deutschland unter Kaiser Wilhelm ¡1."
nicht fehlen; nicht etwa bloß wegen der Persönlichkeit unseres
früheren Reichskanzlers, sondern auch, weil sie kleine Meister-
stücke schriftstellerischer Darstellung sind. Roch einmal faßt
er die in den vorhergehenden größeren Aufsätzen dargelegten
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T29: [Geschichte Geographie Nr. Erdkunde Lesebuch Bild Iii allgemein Lehrbuch deutsch], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution]]
Extrahierte Personennamen: Ruedorffers Steffen Gustav_Steffens Gustav Karl Karl Bülow Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Schweden Deutschland Deutschlands Deutschlands Deutschlands
Vi /Sj/S)/5)/S)/S)/S)/S) (Einleitung. /D/D/Sü/D/D/Lü/D/D
Tatsachenreihen zusammen, beleuchtet von den Lichtern, die
nur er, der an einem großen Teile dieser Dinge tätig teil-
genommen hat, scheinen lassen kann. Wir machen besonders
auf den Aufsatz „Die Marokkofrage" (S. 46-52) auf-
merksam und bemerken für die Lehrer, die in ihrer Klasse
die vorliegende Sammlung lesen lassen wollen, daß ein Ver-
gleich Zwischen diesem Aufsatze und der Darstellnng des glei-
chen Gegenstandes bei Ruedorffer eine dankbare didaktische
Aufgabe sein wird.
Die Reihe der auf Tatsachen aufgebauten und auf sie
gerichteten Aufsätze aus Gründen sowohl der Vollständigkeit
als der Architektonik unterbrechend, habe ich Meineckes Auf-
satz: Staatsgedanke und Nationalismus eingefügt. Er
ist aus Meineckes kleiner, äußerst wertvoller Schrift: „Die
deutsche Erhebung 1914" entnommen und bildet insofern
einen notwendigen Teil unseres Büchleins, als darin das
Problem des Verhältnisses zwischen Staatsverband und Volks-
verband behandelt wird; beide Begriffe, ihre gegenseitige Be-
dingtheit, aber auch ihre gegenseitige Freiheit zu erkennen ist
notwendig für den, der sich mit den innerstaatlichen Voraus-
setzungen der Weltpolitik vertraut machen will. Daß dabei
auch auf die Befahren des falsch verstandenen und falsch ge-
übten Nationalismus aufmerksam gemacht wird, kann für unser
Buch, das auch nationalpädagogische Wirkungen anstrebt,
nicht unerwünscht sein. Wir benutzen diese Gelegenheit, unsere
Leser auf eins der Meisterwerke unserer historischen Literatur
zu verweisen, das wir der Feder Friedrich Meineckes ver-
danken: „Weltbürgertum und Nationalstaat" (Dritte
Auflage, München 1915).
Als Auftakt zu den nun folgenden Aufsätzen habe ich
alsdann eingefügt einen kleinen Aufsatz des berühmten Essayisten
und bremischen Senators Otto Gildemeister. Er hat ihn
als Leitartikel im Fahre 1869 in der Weserzeitung veröffent-
licht zur Begrüßung König Wilhelms I., als dieser zur Ein-
weihung des ersten deutschen Kriegshafens fahrend sich in
Bremen aufhielt. Es ist ein Klang aus ferner Zeit, das
prophetische Wort eines Hanseaten, als die früheste und da-
mals noch so schwache Voraussetzung zur deutschen Weltpolitik
geschaffen wurde.
Von diesem Worte des Hanseaten ist der Übergang leicht
zu dem folgenden Aufsatz, in dem der rüstige Geograph und
Schüler von Friedrich Ratzel, Alfred Hettner, die Frage
des Zusammenhanges und der gegenseitigen Beeinflussung von
Weltpolitik und Weltverkehr behandelt. Dieser Aufsatz
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Meineckes Friedrich Otto_Gildemeister Otto Wilhelms_I. Friedrich_Ratzel Friedrich Alfred_Hettner
/D/D/D/D/Sd/D/D/D (Einleitung. ^/T>/D/D/D/D/Q Vi[
zeichnet sich nicht nur durch die Weite des Blicks und der
Auffassung, sondern auch durch die für unseren Zweck besonders
erwünschte Beschränkung auf das Wesentliche aus.
Nachdem schon Hettner unsere Aufmerksamkeit auf die
mit den Dingen des Weltverkehrs eng zusammenhängende
Frage des Kolonialwesens gelenkt hat, nimmt Kurt Wieden-
feld das Wort zu einer spannenden und auf genauester
Kenntnis unserer überseeischen Verhältnisse gegründeten Dar-
legung über die Kolonien als Erzieher zur Weltpolitik.
Der Aufsatz ist entnommen aus einer kleinen, überaus lehr-
reichen Schrift: „Der Sinn des deutschen Kolonialbesitzes."
Bonn 1914.
Den einen großen weltpolitischen Gedanken, der heute
mehr und mehr ins Volk dringt und den man in die Formel
zu kleiden pflegt: „Helgoland-Bagdad", habe ich geglaubt nicht
oft genug anklingen lassen zu können; in ihm liegt unsere
wirtschaftliche und politische Zukunft zum wesentlichen Teile
beschlossen. Es war geboten, daß hierzu seine beiden hoch-
verdienten und unermüdlichen Verkünder zu Worte kamen.
Ernst Iäckh zeigt in einem Kapitel aus seiner größeren
Schrift: „Deutschland im Orient nach dem Balkan-
krieg", wie stark, auch geschichtlich, begründet das Ausgreifen
Deutschlands nach Anatolien und Mesopotamien ist und welche
Iukunftsmöglichkeiten diese seit Jahrhunderten brachliegenden
Länder dem Fleiß, der Einsicht und der Unternehmungslust
des deutschen Volkes bieten. Für unsere Jugend wird es be-
sonders wertvoll sein, zwei von kurzsichtigen Deutschen früher
oft getadelte Handlungen unseres Kaisers in das Licht dieser
Entwicklung gerückt zu sehen: den Ankauf Helgolands und den
Kaiserbesuch in Damaskus! Es sind klassische Beispiele für den
intuitiven, so oft in unserer Geschichte bewährten Weitblick
der Hohenzollern. Iu dem Aufsatze Iäckhs bildet eine Er-
gänzung P aul R oh rb a ch s Reiseaufzeichnung „Konstantinopel"
aus dem Jahre 1911. Sie ist entnommen aus der ausge-
zeichneten Zeitschrift „Das Größere Deutschland" (Weimar,
Verlag von Gustav Kiepenheuer), auf die wir bei dieser Ge-
legenheit mit besonderem Nachdruck das Interesse der stu-
dierenden Jugend lenken, sie ist einer der Sammelpunkte unserer
weitschauenden, Großes wollenden Politiker.
Eine Voraussetzung für das Verständnis der vorder-
asiatischen Pläne Deutschlands ist die Kenntnis der wirtschaft-
lichen Beziehungen der europäischen Staaten untereinander
und ganz besonders derer zwischen Deutschland und Öster-
reich-Ungarn. Diese Kenntnis wird in angemessenster Weise
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend]]
TM Hauptwörter (200): [T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T29: [Geschichte Geographie Nr. Erdkunde Lesebuch Bild Iii allgemein Lehrbuch deutsch], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T151: [König Volk Kaiser Reich Fürst Land Gott Wilhelm Deutschland Frieden]]
Extrahierte Personennamen: Kurt_Wieden- Ernst_Iäckh Ernst Gustav_Kiepenheuer Gustav
Extrahierte Ortsnamen: Bonn Balkan- Deutschlands Anatolien Mesopotamien Helgolands Damaskus Deutschland Weimar Deutschlands Deutschland
/D/D/W Hans Plehn: Der Ursprung der Weltpolitik. 5
Deutschland und Spanien; im siebenzehnten und achtzehn-
ten Jahrhundert Polen zwischen Schweden, Preußen, Ruß-
land und der Türkei; durch den Dreißigjährigen Krieg ge-
riet Deutschland in eine ähnliche Lage, und in dem heuti-
gen Europa bietet das türkische Reich eine Analogie.
Die europäische Politik wurde mit allen ihren vielfäl-
tigen Interessen und Gegensätzen nach China projiziert.
Aber es blieben nicht mehr die europäischen Mächte allein,
die sich.um China als politisches Zentrum gruppierten;
dort im fernen Osten erfuhr das europäische Staatensystem
eine Erweiterung, indem Japan und Amerika ihm beitra-
ten. Vom europäischen Standpunkt betrachtet, bestand die
neue Lage zunächst, Mitte der neunziger Jahre, wesentlich
darin, daß jenes neue politische Zentrum nicht nur außer-
halb Europas, sondern auch recht weit weg von der natür-
lichen strategischen Basis der europäischen Mächte lag.
Freilich war auch das nichts absolut Neues. Das acht-
zehnte Jahrhundert hatte ähnliche Bildungen gesehen.
Auch damals reichte die europäische Politik weit über das
Festland hinaus. In drei Gebieten besonders kreuzte sich
die Politik der Mächte, die an den überseeischen Unter-
nehmungen teilgenommen hatten, in Indien, Westindien
und Nordamerika.
Es ist durchaus berechtigt, das achtzehnte Jahrhundert
als eine Zeit der Weltpolitik zu bezeichnen. Aber damals
so wenig wie heute bestand die Weltpolitik darin, daß die
Mächte den Hans in allen Gassen spielten, daß sie „eine
öde Weltpolitik trieben, die überall dabei sein muß". Es
waren sehr große und sehr konkrete Interessen, die Spanien,
Holland, Frankreich und England über See zu verteidigen
hatten. Der Siebenjährige Krieg ist nicht allein in Deutsch-
land, sondern auch in Indien und Nordamerika geführt wor-
den; man denke an Napoleons ägyptischen Feldzug, an seine
indischen Pläne und die Expedition, die er nach Australien
plante. Kurz vor dem Ende jener Epoche schrieb der
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Extrahierte Personennamen: Hans_Plehn Hans Napoleons
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Spanien Schweden Deutschland Europa China China Japan Amerika Europas Indien Westindien Nordamerika Spanien Holland Frankreich England Deutsch- Indien Nordamerika Napoleons
/D/D/W Hans Plehn: Der Ursprung der Weltpolitik. /T>/T> 7
Politik wurde mehr und mehr in den Kreis der allgemeinen
politischen und wirtschaftlichen Interessen und Berechnun-
gen hineingezogen. Das ebenfalls lange isoliert gebliebene
Gebiet der russischen Weltpolitik dehnte sich überall aus
und näherte sich in Persien, Afghanistan und dem fernen
Osten den englischen Interessensphären. Frankreich, das
nach der Zertrümmerung seines alten Kolonialreiches in
den napoleonischen Kriegen mehrere Anläufe gemacht hatte,
neue Kolonien zu erwerben, war das erste Land, das bald
nach 1880 in die Epoche der modernen Kolonialpolitik ein-
trat. Etwas später erschien Deutschland auf dem Plan
und schließlich die Vereinigten Staaten.
Zwischen der Entwicklung Deutschlands und Amerikas
herrscht ein auffälliger Parallelismus. Ihrer politischen
Entwicklung nach lag beiden Nationen der Übergang zur
Weltpolitik ferner, nicht nur als England, sondern auch als
Rußland und Frankreich, deren geschichtliche Traditionen
ihnen fehlten. Vorläufer des Imperialismus hatte es in
beiden Ländern gegeben, in Deutschland Männer des Ge-
dankens wie Friedrich List, in Amerika Männer der Tat
wie die Präsidenten und Staatssekretäre, die das Gebiet
der Union ausdehnten oder auszudehnen versuchten. In
beiden Ländern aber kam die entscheidende Wendung, der
Wille zur Weltpolitik, der Entschluß, daß die Geschicke der
Welt nicht von den anderen Mächten allein entschieden
werden sollten, weniger von unten als von oben. Die
deutsche und die amerikanische Weltpolitik ist schwer denk-
bar, wenn man von den Persönlichkeiten Kaiser Wilhelms
und Präsident Roosevelts und von ihrer werbenden Kraft
für die neuen Ideen absehen wollte. Der Parallelität ihrer
nationalen Lage und Bedürfnisse, ihrer Notwendigkeit,
Weltpolitik zu treiben, entspricht in merkwürdiger Weise
die politische und persönliche Wahlverwandtschaft ihrer
Herrscher. Und um die Parallelität noch vollständiger zu
machen, so stellten in beiden Ländern die Parlamente das
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Extrahierte Personennamen: Hans_Plehn Friedrich_List Friedrich Wilhelms Wilhelms Roosevelts
Extrahierte Ortsnamen: Persien Afghanistan Frankreich Deutschland Deutschlands Amerikas England Frankreich Deutschland Amerika
/3)/cö/S> Hans Plehn: Der Ursprung der Weltpolitik. /D/D 9
der europäischen Politik und die des nahen Orients, und
für die Vereinigten Staaten die Probleme Mittel- und Süd-
amerikas. Je nach der allgemeinen Konstellation bleiben
die einzelnen Probleme isoliert oder greifen ineinander
über. So eng sind aber ihre gegenseitigen Beziehungen 5
bereits geworden, daß man weder die europäischen Pro-
bleme über den weltpolitischen übersehen darf, noch die
weltpolitischen über den europäischen, und daß man stets
alle Möglichkeiten ihrer vielfältigen Wechselwirkung in die
politische Berechnung einstellen muß. 10
03
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner]]
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/5)/6) 3- 3- Ruedorffer: Deutschland in der Wellpolitik. /D 11
Hinsicht über die Weltpolitik und ließ dieser nur zukommen,
was jene gestaltete.
Das junge deutsche Reich aber drängte hinaus in die
Welt. Die Bevölkerung wächst jährlich um 8—900000 Men-
schen, und für diese neuen Massen muß Nahrung oder, was
das gleiche ist, Arbeit gefunden werden. Damit das Land
die wachsende Bevölkerung nähren kann, müssen die deut-
schen Waren steigenden Absatz im Auslande finden. Es
müssen immer mehr Waren den Weg über die Grenzen
finden. Der großartige wirtschaftliche Aufschwung, der der
politischen Konsolidierung folgte, ist bekannt. Dank des
zähen Fleißes, der Tüchtigkeit, der wissenschaftlichen Bil-
dung, des Lebensdranges des deutsches Volkes gelang es,
an Stelle der Menschen die Waren zu exportieren. Die
deutsche Wirtschaft umspann mit ihren Interessen und Lei-
stungen die Welt, sie hat sich in manchen Zweigen einen
ersten, in allen einen zweiten oder dritten Platz erobert.
Dem wirtschaftlichen Interesse mußte das politische folgen,
Die enorme Arbeitsleistung des aufstrebenden Volkes zwingt
das junge Reich zur Weltpolitik.
Die Geschichte der nationalen Empfindung verläuft
parallel dieser wirtschaftlichen Entwicklung. Die Einigung
Deutschlands war auf der einen Seite ein Abschluß der
nationalen Entwicklung, eine Erfüllung der nationalen
Wünsche. Sie war auf der anderen Seite der Beginn einer
neuen Entwicklung, der Keim neuer, weitergehender
Wünsche. Wie für das Streben des Individuums, so gibt
es für die Begehrung der Völker keinen Abschluß und kein
Ende. Mit der Entstehung weltpolitischer Interessen hat
sich auch der deutsche Nationalismus weltpolitisch orientiert.
Die Ansprüche des deutschen Volkes auf Macht und Gel-
tung, nicht nur in Europa, sondern rings um die Erde, sind
schnell gestiegen. Als im Jahre 1907 die Regierung des
Fürsten Dülow um einer kolonialpolitischen Frage willen
den Reichstag auflöste und an das Volk appellierte, hielten
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschlands Europa
/S)/6ö I. I. Ruedorffer: Deutschland in der Weltpolitik. /D 13
Deutschland ist von der politischen Konstellation Europas
abhängiger als seine Nachbarn. Es ist schwerer gegen feind-
liche Bündnisse zu sichern und bedarf zu solcher Sicherung
einen größeren Aufwand an diplomatischen oder militä-
rischen Machtmitteln. Auf der Erkenntnis dieser Lage be- 5
ruhte die Politik Bismarcks, die, im wesentlichen Konti-
nentalpolitik, den Notwendigkeiten dieser Kontinentalpolitik
die Wünschbarkeiten der Weltpolitik unterordnete. Es ist
offenbar, daß bei allen afrikanischen, türkischen, persischen,
chinesischen Unternehmungen die deutsche Politik sich zunächst 10
zu fragen hat, welche Rückwirkungen ein derartiges Ein-
greifen Deutschlands auf die Konstellation des europäischen
Kontinents ausüben muß. Sie wird, wenn sie in der euro-
päischen Türkei, in Persien oder in Ehina russischen In-
teressen begegnet, Rußland noch enger an die Seite des 15
unwandelbar feindlichen Frankreich heften, wird, wenn sie
in Mesopotamien ein englisches Interessengebiet antastet,
England auf die Seite der Gegner treten sehen. In der Tat
haben die ersten weltpolitischen Unternehmungen Deutsch-
lands derartige Wirkungen gehabt. Die deutsche Orient- 20
Politik, die durch das Bagdadbahnunternehmen eingeleitet
wurde, hat Russen und Engländern einen möglichen ge-
meinsamen Gegner gezeigt und zu ihrer Verständigung
manches beigetragen, weswegen denn auch viele deutsche
Diplomaten kontinentaler Denkart dieses Unternehmen aus 25
Gründen politischer Taktik für durchaus verfehlt erklärten
und für die Schwierigkeiten, auf welche die deutsche Politik
in dem ersten Jahrzehnt des zwanzigsten Jahrhunderts
infolge einer gegen sie orientierten Konstellation der großen
Weltmächte allerorten stieß, dieses und andere Unterneh- 30
mungen weltpolitischen Charakters verantwortlich machten.
Als Deutschland im Jahre 1904 der kolonialen Expansion
Frankreichs gegenüber von der Tradition Bismarcks ab-
wich und dieser, die sie bisher unterstützt hatte, entgegen-
zutreten unternahm, war dieser Umschwung trotz der viel- 35
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz]]
TM Hauptwörter (200): [T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T176: [Frankreich England Rußland Deutschland Preußen Krieg Italien Spanien Schweden Holland], T134: [Land Meer Hochland Persien Tigris China Euphrat Iran Asien Armenien], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme]]
Extrahierte Personennamen: Ruedorffer Bismarcks
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschland Europas Bismarcks Deutschlands Persien Frankreich Mesopotamien England Deutschland Frankreichs
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Extrahierte Personennamen: Eduards_Vii Eduards
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Frankreich Deutschland Frankreichs
16 /D I. I. Ruedorffer: Deutschland in der Weltpolitik. /D/D
Bewegungsfreiheit des Deutschen Reiches desto größer ist,
je unabhängiger von der Konstellation der Mächte seine
kontinentale Stellung ist. Daher gilt es zunächst, das
Deutsche Reich von dem „ Cauchemar des coalitions“ zu
5 befreien, der Bismarck bedrückte. Daher ist das erste Er-
fordernis der deutschen Weltpolitik, daß Deutschland auf
dem Kontinent so stark ist, daß jeder möglichen Konstellation
gegenüber die Chancen des Sieges auf seiner Seite sind.
Nur dann wird es bei weltpolitischen Unternehmungen die
10 Rückwirkungen auf die kontinentale Konstellation auf sich
nehmen können. Ja, diese Rückwirkungen werden aus-
bleiben, sobald man sieht, daß Deutschland auf dem Kon-
tinent mit Aussicht auf Erfolg auch durch Zusammenschluß
seiner weltpolitischen Gegner nicht angreifbar ist. Die
15 Entscheidung über die deutsche Weltpolitik fällt auf dem
Kontinent. Die deutsche öffentliche Meinung hat diesen
Zusammenhang zwischen der militärischen Stellung Deutsch-
lands auf dem Kontinent und seiner weltpolitischen Be-
wegungsfreiheit noch nicht durchweg begriffen. Ihr scheint
20 die Flotte das erste Instrument der Weltpolitik. Und
gerade weil die politische Sehnsucht der Nation weltpolitisch
gerichtet ist, ist die Flotte in dem heutigen Deutschland
populärer als das Heer. Indes kann man sich vielleicht
eine deutsche Weltpolitik ohne eine überragende Stellung
25 zur See, aber gewiß keine ohne eine solche Stellung zu
Lande denken. So wichtig die Flotte für den realen Schutz
der Interessen über See wie für die Imponderabilien der
Macht ist, das Heer ist noch wichtiger. Der Einfluß der
starken Stellung zu Lande ist freilich ein indirekter, der
30 weniger in die Augen springt als die direkte und greifbare
Wirkung der Stellung zur See.
Durch seine jüngste Heeresverstärkung hat Deutschland
einen großen Schritt zu derjenigen Festigung seiner kon-
tinentalen Stellung getan, welche die Grundlage welt-
35 politischer Bewegungsfreiheit bildet. Die Gegenmaßregeln
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter]]
TM Hauptwörter (200): [T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch]]
Extrahierte Personennamen: Ruedorffer
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschland Deutschland Deutschland Deutschland